Umzüge

Geisterzug

Rosenmontag 1991 war bedingt durch den Golfkrieg alles anders. Aufgrund des Golfkrieges und den damit verbundenen Demonstrationen beschloss das Festkomitee des Kölner Karnevals schweren Herzens dem Beispiel vieler großer Städte zu folgen und den Rosenmontagszug abzusagen. Ein wichtiger Grund war auch, dass man durch die vielen Demonstranten, von denen es immer wieder Drohungen gegen den Karneval gab, nicht mehr für die Sicherheit der Zugteilnehmer garantieren konnte.

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Viele Karnevalisten fragten sich nun was Rosenmontag passieren würde. Leere Straßen, das wäre undenkbar für Köln. Aber nein, es wurden hinter verschlossenen Türen Verabredungen für Rosenmontag getroffen. Als es dann soweit war, gingen gleich mehrere spontane Züge durch Köln, allerdings ohne Wagen, Pferde und Wurfmaterial. Es waren sowohl Friedensdemonstrationen wie karnevalistische Umzüge, die friedlich neben einander, teilweise sogar gemeinsam, durch die Stadt zogen. Die Friedensdemonstration waren „Alternative“ überwiegend junge Leute, die hier eine Chance sahen, den Karnevalsoberen zu zeigen „und wir gehen doch“. Man hatte sich spontan zusammen gefunden, um den Karnevalisten den Spiegel vorzuhalten und war verwundert, dass die den gleichen Gedanken hatten. Es wurde eine einzige große Demonstration für den Frieden und den Karneval.


Den Kriegsgegnern ist es gelungen, ihre politischen Anliegen in den Zug einzubringen. Das war die Geburtsstunde des Geisterzuges.


1992 sollte am Karnevalssamstag der erste organisierte Geisterzug durch Köln ziehen. Die ersten schweren Bedenken seitens der Stadt Köln wurden zerstreut, da man davon ausging, dass die Teilnehmer Freude haben wollten und keine Randale veranstalten würden. Man rechnete mit 600 bis 1.000 Teilnehmern, die mit Pechfackeln durch die Stadt ziehen wollten. Dazu sollten alle Straßenlaternen ausgeschaltet werden, damit es ein wirklicher Geisterzug würde. Dem Wunsch konnte die Stadt aus Sicherheitsgründen nicht nachkommen. Pechfackeln schienen der Feuerwehr zu gefährlich, wurden aber dann doch erlaubt. Die Stadt Köln betonte damals ausdrücklich, dass mit der Genehmigung des Geisterzuges keine inhaltliche Wertung verbunden sei. Das Festkomitee stand dem Geisterzug anfangs recht skeptisch gegenüber, war es doch kein Zug der auf Persiflage aufgebaut war, wie die offiziellen Züge, sondern ein politisch motivierter Zug der alternativen Jugend. Das hat sich längst gelegt. Auch das Festkomitee hat eingesehen, das in Köln jede Form des Karnevals nebeneinander existieren kann und auch von den Kölnern angenommen wird. Als dann die Geister vor 5 Jahren vor dem Aus standen, weil die Gelder fehlten, sprang der offizielle Karneval ein. Seit dieser Zeit unterstützt das Festkomitee des Kölner Karnevals den Geisterzug finanziell.


Der Geisterzug steht genau wie der Rosenmontagszug jedes Jahr unter einem anderen Motto. Im Gegensatz zum Rosenmontagszug und den Veedelszügen ist er sehr politisch geprägt. Er nimmt jedes Jahr am Karnevalssamstag einen anderen Weg, denn man will den Teilnehmern auch die Stadt nahe bringen und er geht immer erst bei Dunkelheit los, damit es gruseliger wird. Teilnehmen kann jeder, der Freude daran hat. Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig. Gewünscht sind eigene Kostüme, die sich möglichst dem Motto anpassen sollten. Notfalls kann man auch ohne Kostüm mitgehen, denn die Veranstalter sehen Teilnehmer viel lieber als Zuschauer. Jeder hat die Möglichkeit im Zug für oder gegen etwas zu demonstrieren. Es gibt kein Wurfmaterial, um die Straßen sauber zu halten. Ein weiteres Anliegen der Veranstalter ist es den Zug frei von Technik zu halten. Es fahren keine Autos mit und die Musik kommt nicht vom Band.


Die Veranstalter des Geisterzuges haben den Ähzebär, einen alten Waldgeist, zu ihren Maskottchen gemacht, der jeden Zug mitmacht. Der Ähzebär stellt den Karneval dar und ist laut Adam Wrede eine in Erbsenstroh gehüllte Person, die schon in der Mitte des 19. Jahrhundert in Köln an den Karnevalstagen umherlief oder geführt wurde. Es ist ein alter Fastnachtsbrauch der den Kampf zwischen Sommer und Winter darstellen sollte. Mit dem Ähzebär ist es genau wie mit dem Nubbel, dessen Indentität nicht bekannt ist. Der Name Ähzebär oder Erbsenmann ist entstanden, weil der Bär aus dem Winterschlaf kommt, wenn die Erbsen aus der Schote kommen. Die Erbsen sind seit jeher ein Fruchtbarkeitssymbol und der Karneval ist ganz früher, lange bevor es den organisierten Karneval gab ein Fruchtbarkeitsfest gewesen, mit dem der Winter ausgetrieben wurde. Heute hat der Karneval den Nubbel, der für alle Karnevalssünden herhalten muss. Er wird am Karnevalsdienstag öffentlich verbrannt.


Der Geisterzug hat sich heute nach 10 Jahren in Köln etabliert, wenn sich auch anfangs die Geister an den „Geistern“ schieden. So kamen anfangs Einwände von der Stadt, der Polizei, der Feuerwehr, der GEW und der KVB und auch das Festkomitee blickte kritisch auf den Geisterzug. Aber auch finanzielle Sorgen plagten die Geister, so dass mancher Zug erst durch Sponsoren in letzter Minute zustande kam. Ja man kann sagen sie waren zeitweise von allen guten Geistern verlassen. Aber Geister lassen sich nicht unterkriegen. Sie haben bewiesen, dass sie ihre Ziele durchsetzen können und dass Alternative keine Chaoten sein müssen.


Köln ist bunt und das zeigt sich auch im Geisterzug, der zu einer Bereicherung im Karneval geworden ist.


Der Rosenmontagszug von seinen Anfängen bis heute

Bis zum Zweiten Weltkrieg
Vor 1823, der Reform des Kölner Karnevals, war das Fest ungeordnet. Es gab keine Organisation und kein Motto. Auch die Stadt fühlte sich nicht verantwortlich für den Karneval, so dass das Fest immer mehr ausartete. Es gab Krawalle, Pöbeleien und Alkoholexesse. So blieben die gehobenen Bürgerschichten dem Karneval immer mehr fern.

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Um den Karneval aus diesem Tief heraus zu holen, gaben ihm die Reformer von 1823 den Maskenzug als Mittelpunkt. Von Anfang an war der Maskenzug schon genauso streng reglementiert wie heute der Rosenmontagszug. Anfangs sollte der Zug, der bis 1832 Maskenzug und erst danach Rosenmontagszug hieß, in seiner Darstellung an die einst freie Reichsstadt Köln erinnern. Daher wurde er überwiegend mit historischen Elementen versehen. So sollte auch der Held Karneval, der den Höhepunkt des Zuges bildete, an den Kaiser erinnern, dem die Kölner stets treu ergeben waren. Mit dieser neuen Form des Karnevals hoffte man, auch die Kölner Bürgerschicht wieder für das Fest zu begeistern.

Da das Festordnende Komitee sich erst im November 1822 gründete und bereits am 10.2.1823 Rosenmontag war, hatte man wenig Zeit zur Vorbereitung des Zuges. Trotzdem hatten die Gründer den Zug zur vollsten Zufriedenheit aller in Kürze auf die Beine gestellt. Karnevalsgesellschaften gab es zu der Zeit in Köln noch nicht. Der Zug, der sich auf dem Neumarkt aufstellte, bestand aus 15 Gruppen. Das Motto lautete: „Thronbesteigung des Helden Karneval“. (Erst nach dem Krieg 1871/72 wurde aus dem Helden der Prinz Karneval.) Mit im Zug waren die Roten Funken, die noch nicht gesellschaftlich organisiert waren. Sie sollten an die damaligen Stadtsoldaten erinnern, die von den Franzosen aufgelöst wurden. Auch die „Helligen Knächte un Mägde“ waren dabei, bei denen es sich um die unbescholtenen Söhne und Töchter der früheren Kappesbauern handelte, die bei den Prozessionen die Heiligenbilder trugen. Bauer und Jungfrau waren ebenfalls im Zug dabei, jedoch als historische Figuren und unabhängig voneinander und ohne Bezug zum Helden. Große Reitergruppen als Wallensteine oder Jan von Werth ritten in Zug mit. In der 14. Gruppe kam der Held Karneval als Höhepunkt des Zuges. Sein Wagen wurde von acht Pferden gezogen und begleitet von seiner Leibgarde. Der Held war gekleidet in das Gewand eines Kaisers.

Schon damals wurde der Maskenzug unter ein bestimmtes Motto gestellt, so dass Rosenmontag wie ein Schauspiel aufgeführt wurde. So hieß das Motto 1824 „Die Karnevalsfürstin Venetia in Köln“ (Die Venetia spielte noch viele Jahre eine Rolle im Maskenzug). Elf Böllerschüsse kündeten die Venetia an, die in einer von sechs Schimmeln gezogenen Gondel in Form eines Schwans am Severinstor mit ihrer Begleitung Einzug hielt. Der Zug zog dann durch die Stadt bis zum Neumarkt, wo die Venetia den Helden traf. Nach einem Begrüßungstrunk vereinigten sich die beiden Züge und zogen durch die vom Helden vorgegebenen Straßen rund um den Neumarkt. Die älteste Dokumentation eines Maskenzuges gibt es von 1824. Damals nahmen ungefähr 100 Reiter, wenige Wagen und insgesamt 200 Personen am Zug teil. Geworfen wurden von den Adjutanten des Helden Erbsen, Nüsse und Konfetti. Der Aufstellplatz des Zuges auf dem Neumarkt wurde bis zum Zweiten Weltkrieg beibehalten.

Der Rosenmontagszug entwickelte sich kontinuierlich weiter. Ab 1883 wurden Bauer und Jungfrau eine Einheit und zu Begleitpersonen des Prinzen, fahren aber bis heut im eigenen Wagen im Rosenmontagszug. Davor gingen Bauer und Jungfrau immer nur dann im Zug mit, wenn sie sich ins Motto einordnen ließen. 1883 gingen bereits 360 Personen im Zug mit.

1882 wurde eine neue Karnevalsgesellschaft gegründet, die Große Kölner. Sie beanspruchte ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Rosenmontagszuges und überwarf sich deshalb mit dem Festordnenden Komitee. Daraufhin schickte sie ihren eigenen Zug durch Köln, so dass ein paar Jahre 2 Rosenmontagzüge durch Köln zogen, bis man endlich 1889 Frieden schloss und ein gemeinsamer Zug durch Köln zog.

Auch früher sind schon Rosenmontagszüge ausgefallen, wegen schlechtem Wetter, wegen Uneinigkeit im Komitee, wegen Krieg und Weltwirtschaftskrise. 1914 – 1927 fiel der Zug wegen Krieg und Besatzung aus. 1926 zog die englische Besatzung zwar 14 Tage vor Karneval ab, aber es war zu spät um einen Zug zu organisieren. Der damalige Prinz, Dr. Adalbert Oster, der von den Kölnern den Namen „Befreiungsprinz“ erhielt, fuhr mit Bauer und Jungfrau am Rosenmontag im Offenen Wagen durch Köln. 1927 ging dann wieder der erste Zug nach dem Krieg. 1932 und 33 fiel der Zug auf Grund der Weltwirtschaftskrise aus. 1939 ging der letzte Rosenmontagszug vor dem Zweiten Weltkrieg. 1949 war dann der Wiederbeginn mit einer erweiterten Kappenfahrt. Kappenfahrten sind Rundfahrten der mit gleichen Kappen (Karnevalsmützen) geschmückten Mitglieder einer Karnevalsgesellschaft. Ursprünglich fanden diese Kappenfahrten am Nachmittag des Karnevalssonntags statt. Später verlagerten sie sich auf den Dienstag und auf die Vororte. Heute sind sie aus dem Karneval verschwunden. 1991 fiel der Zug wegen des Golfkrieges aus. Viele Karnevalsbegeisterte, die diese Entscheidung nicht nachvollziehen konnten, trafen sich daraufhin zu alternativen Zügen.


Der Rosenmontagszug heute
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Großfiguren in den Zug. Damals waren sie im Vergleich zu den heutigen Großfiguren noch recht einfach. Bis Ende der 50er Jahre wurden die Festwagen noch von Pferden gezogen. Da man aber in einer Großstadt wie Köln schon bald nicht mehr genügend Kaltblütler als Zugtiere beschaffen konnte, wurden die Pferde nach und nach durch Traktoren ersetzt. Nur noch wenige Gesellschaften lassen bestimmte Wagen von Pferden ziehen, weil es zur Tradition gehört wie z.B. die Traditionskorps.

Der Rosenmontagszug ist im Laufe der Jahre immer größer und aufwendiger geworden. Alle ordentlichen Mitgliedsgesellschaften des Festkomitees (aktuell 58 Gesellschaften) können jährlich am Zug teilnehmen. Hospitierende und fördernde Gesellschaften nur alle paar Jahre auf Einladung des Zugleiters.

Der Rosenmontagszug geht heute etwa drei Stunden durch Köln und hat eine Länge von etwa 7 km. Bei schönem Wetter stehen bis zu 1,5 Millionen Zuschauer am Zugweg. Rechnet man Wagenbesatzung, Fußgruppen, Tanzgruppen, Reiter, Musikkapellen und Helfer zusammen, nehmen über 12.000 Personen am Zug teil. Außerdem 512 Pferde.
Das Motto des Zuges gibt der Zugleiter am Karnevalsdienstag des Vorjahres bekannt. Entsprechend des Mottos werden Entwürfe für Wagen und Fußgruppen erstellt. Die Entwürfe, an denen sich jeder beteiligen kann, Werden vom Sommer an beim Zugleiter eingereicht werden. Der Zugleiter, der Festkomitee-Vorstand und die Zugleitung bewerten die Entwürfe, wobei die letzte Entscheidung beim Zugleiter liegt. Die ausgewählten Entwürfe gehen dann an die Wagenbauer, die am 1. November mit dem Wagenbau beginnen. In der Karnevalswoche wird dann Richtfest gefeiert mit allen am Wagenbau Beteiligten und den Präsidenten der am Zug beteiligten Gesellschaften. Eine große Herausforderung ist es, wenn man aus politischen Gründen, wie 2011 als Minister Gutenberg am Dienstag vor Karneval zurücktrat, in den letzten Tagen noch einen Wagen umbauen muss. Aber auch das schaffen die Wagenbauer!

Für den Bau der Wagen werden ca. 25.000 Arbeitsstunden benötigt. Einige Wagen laufen jedes Jahr im Zug mit wie der Prinzenwagen der Wagen von Bauer und Jungfrau, der des Präsidenten und der des Zugleiters. Diese Wagen werden nur aufgearbeitet. Für den Bau der übrigen Wagen und Großfiguren werden jährlich etwa 4.000 m Dachlatten, 15.750 m Bindedraht, 2.000 qm Maschendraht, 320 qm Hartfaser-, Span- und Tischlerplatten, 180 kg Nägel, Schrauben usw., 1.000 kg Farbe und 350 kg Papier benötigt. Dazu kommen Kleber, Schaumstoff und Styropor in großen Mengen.
Entsprechend ihrer Anmeldung bezahlen die Gesellschaften eine Teilnehmergebühr für alle Teilnehmer, sowie die Anzahl der angemeldeten Wagenplätze, eine Leihgebühr für die zur Verfügung gestellten Kostüme, sowie einen Anteil an der sie begleitenden Musikkapelle und den Bagagewagen. Die Teilnahmegebühr ist für alle gleich (Fußgruppe, Wagenbesatzung, Musiker der Korps, Kamellejunge,
Helfer, Reiter, Wagenbegleiter). Sie beinhaltet Einen Anteil an der Haft- und Unfallversicherung, Anteil der Hilfsorganisationen, Verwaltung und Kosten der Stadt Köln.

Teilnehmer erhalten bis auf die uniformierten Gesellschaften ihre Kostüme vom Festkomitee gestellt, da sie zum Motto der Gruppe passen müssen. Das Festkomitee gibt jedes Jahr 8.000 komplette Kostüme aus. Zusätzlich 5.000 Einzelteile z.B. Oberteile.

Nach Karneval werden die Kostüme vom Festkomitee gereinigt und wenn nötig, geflickt. Danach werden sie geordnet in Schränke gehängt. Bei schlechtem Wetter leiden die Kostüme gewaltig. Ein Teil der Kostüme wird im Haus von fest angestellten Schneidern bzw. Schneiderinnen genäht. Andere werden von Kostümschneidern außerhalb gefertigt. Alle Kostüme werden mehrere Jahre verwendet.

Die Sicherheit im Zug hat einen sehr hohen Stellenwert. Jeder Fest- und Bagagewagen wird genauso wie die Traktoren vor dem Zug TÜV abgenommen. An allen Fest- und Bagagewagen sind Wagenbegleiter eingesetzt, d.h. an jedem Rad geht ein Wagenbegleiter, der darauf zu achten hat, dass die Zuschauer sich beim Kamellenrausch nicht in Gefahr bringen. Die Wagenbegleiter werden von den Gesellschaften gestellt. Zusätzlich gehen an jeder Deichsel zwei Wagenbegleiter, die vom Festkomitee gestellt werden. So gibt es über 800 Wagenbegleiter im Zug.
Auch für die Reiterkorps im Zug gelten besondere Regeln. Die Reiter müssen mindestens 35 Reitstunden in den letzten acht Monaten nachweisen können, damit sie verantwortlich und diszipliniert im Zug reiten.

Oft wird über die vielen LKWs am Zugweg geschimpft, die zwar vemietet werden, dem einfachen „Fußvolk“ aber die Plätze am Zugweg beschneiden. Aber auch die LKWs haben ihre Bedeutung. Es sind Durchgänge, die Polizei und Feuerwehr vorgeben. Hier kann etwa ein defektes Fahrzeug, ein unruhiges Pferd oder ein Verletzter schnellstens aus dem Zug genommen werden. Man sieht der Rosenmontagszug ist ein riesiges Logistikunternehmen, an dem das ganze Jahr gearbeitet wird. Es hält den Zugleiter in Anspannung hält bis der letzte Wagen Rosenmontag sein Ziel erreicht hat.



Die Schull- und Veedelszöch

Veedelszöch
Das Veedel ist der Stadtteil, in dem der Kölner zu Hause ist, wo er wohnt, wo er einkaufen geht und wo er seine Stammkneipe hat. Vor allem aber wo man sich kennt.

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Ende 1932 wurde der „Bürgerausschuß“ gegründet, der es sich zur Aufgabe machte, den echten Kölner Volkskarneval zu erhalten. In einer Zeit, in der der Karneval immer mehr von der Partei vermarktet wurde, versuchten engagierte Bürger auf diese Weise zu retten, was noch zu retten war. Die Initiative ging von Dr. Josef Klersch, Direktor des Kölner Stadtmuseums und Vorsitzenden des Heimatvereins Alt Köln, aus. Den Vorsitz übernahm Dr. Otto Brüggelmann. Im Bürgerausschuß wurde die Idee zu den Veedelszöch geboren. Sie sollten die alte Tradition der „Banden“ fortsetzen.

Der Begriff der Banden stammt aus dem Mittelalter. Damals wurde der Karneval durch die jeweils tonangebende Schicht der Gesellschaft bestimmt. Das waren ab dem 17. Jahrhundert die Zünfte, die mit ihren Banden das äußere Bild des Karnevals bestimmten. Diese Banden waren Aufführungen, in denen sich Fastnachtsspiel und Verkleidung mit einander verbanden. Mit Tanz und Spiel zogen die Gesellen vor Wirtshäuser und auf öffentliche Plätze und boten Lieder und Begebenheiten aus ihrem Alltagsleben dar.

1932 zogen die Veedelszöch erstmals durch Köln. Die „Zöch“ sollten das Ursprüngliche und Natürliche im Karneval wieder dadurch beleben, dass ein Thema nicht nur dargestellt sondern, wie bei den Banden, auch nachgespielt wird. Jede Gruppe kann hier eigene Ideen einbringen, das macht den Zug originell. Heute sind es nur noch wenige Gruppen (z.B. der „Stammtisch Nie gehässig“), die diese ursprüngliche Idee aufrechterhalten. Die Veedelszöch greifen alltägliche Themen auf, sie verzichten auf prunkvolle Wagen, Korpsaufzüge und Reiterstaffeln. Kamellen werden nur sparsam geworfen. Ihre Themen sind alltägliche Begebenheiten sowie lokale Themen. In den letzten Veedelszöch vor dem Zweiten Weltkrieg ließ man auch schon mal politisch Dampf ab. Es wird ausdrücklich gewünscht, dass die Gruppen sich nicht an dem Motto des Rosenmontagszuges orientieren, was leider nicht immer eingehalten wird. Die einzelnen Fuß- und Wagengruppen wurden von Anfang an prämiert. Das sollte ein Ansporn für die Teilnehmer sein.

Der „Bürgerausschuß“ bildete sich 1950 unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters neu. Die Veedelszöch zogen allerdings schon 1949 wieder durch Köln unter der Schirmherrschaft des Festausschuss Kölner Karneval, wie das Festkomitee damals noch hieß. Aber sofort nach dem Krieg, als der Karneval offiziell noch verboten war, zogen bereits die ersten Narren kostümiert in kleinen Gruppen über die Trümmer der Stadt. Die Geschäftsleitung des neu gegründeten Bürgerausschusses lag in Händen des 1947 gegründeten „Amt für kölnisches Brauchtum“, das eine Abteilung des Kölnischen Stadtmuseums war und von Dr. Josef Klersch geleitet wurde.

1950 ging dann der erste Veedelszoch mit äußerst bescheidenen Mitteln durch die Stadt. Die Musik stiftete das Festkomitee, welches auch den Zugleiter stellte. Erst einige Jahre später fand der Verein mit Hein Jouy einen eigenen Zugleiter. Ab Mitte der 50er Jahre unterstützte die Stadt Köln die Veedelszöch finanziell.

1961 bildet sich der „Förderkreis für die Schull- und Veedelszöch“ unter dem Vorsitz von Jan Brüggelmann (Sohn von Dr. Otto Brüggelmann). Der Verein will sich jetzt dem gesamten Brauchtum widmen, wobei die Schull- und Veedelzöch an erster Stelle stehen sollen. Die Veedelszöch werden auch heute noch von einem Gremium, das auf der Rathaustribüne steht, bewertet. Die beste Fuß- und Wagengruppe sowie die originellste Gruppe dürfen dann im Rosenmontagszug mitgehen. Das Wurfmaterial stellt das Festkomitee zur Verfügung.

Der Stellenwert der Zöch, die unter der Schirmherrschaft des Förderkreises und der K.G. Lyskircher Junge stehen, hat von Jahr zu Jahr zugenommen. Sie sind zu einem festen Bestandteil des Kölner Karnevals geworden und haben dem Karnevalssonntag einen Schwerpunkt gegeben.


Schullzöch
Direkt nach dem Krieg zog ein Lehrer, dessen Name nicht überliefert ist, mit seiner Quetsch, die den Krieg überlebt hatte, und diversen Kochtopfdeckeln mit seinen Schülern in einem Zug durch die Trümmer rund um die Schule. Alle Kinder hatten viel Spaß und Freude an dem „Zug“. Da dachte sich Jean Küster, Präsident der K.G. Lyskircher Junge, dem der Nachwuchs im Karneval sehr am Herzen lag, dass man die Idee aufgreifen müsse. Schulamt und Lehrerschaft begeisterten sich sofort für die Idee. So kamen 1951 die „Kinderzüge“ (heute Schullzöch) zu den Veedelszöch dazu. Die Schulen bringen hier ihre eigenen Ideen ein, die sich hauptsächlich mit Schul- und Bildungspolitik befassen. Einige Schulen führen Wagen mit, die selbst gebaut und oft auch selbst gezogen werden. Die Kostüme werden selbst genäht, was alles ohne den enormen Einsatz der Eltern nicht möglich wäre.

Die Kinderzüge sollten eine Referenz an die Kölner Kinder sein, die auch in wirtschaftlich und politisch schlechten Zeiten Karneval auf der Straße gefeiert haben. Mit den Schullzöch eng verbunden sind die Namen Jean Küster und Dr. Ernst Mömkes. Jedem alten Kölner ist der Name Jean Küster, der die Schull- und Veedelszöch stets im Matrosenanzug anführte, ein Begriff. Jean Küster starb 1977.

Dr. Ernst Mömkes war Rektor der Schule Manderscheider Platz. Er war ein Kenner der Kölner Geschichte und Mitherausgeber der Jugendzeitschrift „Jung Köln“. Dr. Mömkes schaltete das Schulamt zur Werbung für die Schullzöch an den Kölner Schulen ein. Wie es üblich ist, wenn man ungewöhnliche Ideen verwirklichen will, musste er sich über mancherlei Widerstand hinweg setzen, um die Schullzöch zum festen Bestandteil des schulischen Lebens zu machen. Die Schirmherrschaft übernahm die Karnevalsgesellschaft Lyskircher Junge, die auch für die Veedelszöch mitverantwortlich ist.

Die Lyskircher Junge verstehen unter der Betreuung auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulamt, Förderverein und dem Arbeitskreis Schulkarneval. Dies drückt sich in mehreren jährlichen Zusammenkünften mit der Lehrerschaft aus, die sowohl der Vorbereitung wie dem gemütlichen Beisammensein dienen.

Man sollte bei der Erwähnung der Schullzöch auch Heinrich Büttgenbach erwähnen, der als Leiter der ersten Schullzöch 1951 sich bis zu seinem Tod neben Jean Küster sehr stark engagiert hat. In seinem Haus im Dau 1 versammelten die Lehrer lange Jahre, um die grundlegenden Dinge der Züge zu besprechen. Nach dem Tod von Heinrich Büttgenbach übernahm Bernd Hölkens von den Lyskircher Junge seine Aufgabe.

1975 erfolgte eine Namensänderung des damaligen „Fördervereins der Schull- un Veedelszöch“ in „Verein der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums“. Mir dieser Änderung konnte das Spektrum des Vereins bedeutend erweitert werden z.B. bis hin zu Martinsfeiern, Kirmesfeiern, Glockenbeschaffung für kleinere historische Kirchen usw., und was viel wichtiger ist, der Verein erlangte dadurch die Gemeinnützigkeit. So kann man das Spendenaufkommen optimieren.

Gleichzeitig mit den Schullzöch setzten sich langsam die Schulsitzungen durch. Viele Karnevalsgesellschaften haben Patenschaften über eine Schule übernommen und besuchen auch mit einer Abordnung deren Sitzungen, was die Schulen in ihrer Arbeit bestätigt.



Die Vorortzüge

Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich die Bevölkerungsstruktur in Köln stark. Durch die fast vollständige Zerstörung der Innenstadt gewannen die Vororte als Wohnviertel stark an Bedeutung. Durch diese Umstrukturierung verlagerte sich auch der Karneval. Vor dem Krieg spielte er sich fast nur in der Altstadt ab. In den rasch wachsenden Stadtteilen war kaum etwas von Karneval zu spüren. Wer Karneval feiern wollte ging in die Stadt.

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Nach dem Krieg wurden zwar die Kappenfahrten wieder aufgenommen, aber sie hatten viel an Attraktivität verloren, dadurch dass die Pferde durch Autos ersetzt wurden. Kappenfahrten waren Rundfahrten durch die Stadt und Stadtteile von mit der gleichen Mütze geschmückten Mitgliedern einer Karnevalsgesellschaft. Ursprünglich fanden dies Fahrten Sonntag nachmittags statt, später Dienstags. Die ersten Kappenfahrten gab es bereits in den 1820er Jahren. Heute haben sie sich überlebt.

Den Karnevalsdienstag aufgewertet haben dann die Stadtteilzüge, die durch Vororte und Stadtteile zogen. Schon vor dem Krieg hatte die Große Kölner Karnevalsgesellschaft einen Karnevalszug am Dienstag durch Kalk ziehen lassen. 1952 ließ man diesen Brauch wieder aufleben. Der damalige Festkomitee-Präsident stellte für diesen Zug, der aus 16 Gruppen bestand, drei Wagen aus dem Rosenmontagszug zur Verfügung. 1953 zogen dann auch Dienstagszüge durch Deutz und Mülheim, die damals noch Wagen aus dem Rosenmontagszug zur Verfügung gestellt bekamen. Heute ist das aus Sicherheitsgründen nicht mehr erlaubt. Das Beispiel machte schnell in anderen Stadtteilen Schule. Überall im Stadtgebiet veranstalten heute Karnevalsgesellschaften Umzüge, die nicht mehr unbedingt auf den Dienstag festgelegt sind. Nur der Rosenmontag ist tabu. Zu diesen Umzügen schließen sich neben den ortsansässigen Karnevalsgesellschaften Schulen, Stammtische, Veelsvereine und andere Organisationen zusammen. Die Züge, die die Probleme des Stadtteils persiflieren, werden immer größer und immer beliebter bei der Bevölkerung, besonders bei Familien mit kleinen Kindern. Die Atmosphäre ist persönlicher als beim Rosenmontagszug. Hier sind nicht so viel fremde Besucher, man feiert unter sich und man kennt viele Zugteilnehmer.

Das Amt für Kölnisches Brauchtum hat 1953 in Verbindung mit den Lehrern den Gedanken vom Tag der Kinder aufgegriffen, Man veranstaltete 1954 erstmals in Ehrenfeld einen Schulzug am Karnevalsdienstag, an dem sich mehr als 2.000 Kinder beteiligten. Seit dem hat der Ehrenfelder Zug von Jahr zu Jahr an Bedeutung gewonnen. Heute beteiligen sich neben den Schulen auch Karnevalsgesellschaften, Veedelsvereine und Stammtische an dem Zug.

Einige Stadtteile ernennen auch ein eigenes „Stadtteildreigestirn“, was keine sehr originelle Idee ist, da es ein offizielles Dreigestirn für alle Kölner gibt. Dreigestirne in Stadtteilen, die erst später im Zuge der Eingemeindung zu Köln gekommen sind haben dagegen eine lange Tradition und sind fester Bestandteil des Stadtteils wie z.B. in Worringer, Porz oder Rodenkirchen.

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